Herrn Jaegers Gespür für Holz

Anfang 2014 gründete der Möbeltischler und Architekt Marco Jaeger in der väterlichen Werkstatt in Schmalkalden seine eigene Firma: kükomo – gesunde Möbel. Seitdem kreiert und baut der 36-Jährige mit seinem fünfköpfigen Team hochwertige, individuelle und nachhaltige Holzmöbel.
TOP Magazin besuchte Marco Jaeger in Schmalkalden.

Die Ulme war zirka 90 Jahre alt, vier Meter hoch und hatte einen Durchmesser von einem Meter. Der schöne Alleebaum fiel Bauarbeiten zum Opfer. Marco Jaeger ließ ihn abholen und schneiden. Jetzt liegt das bestens für den Möbelbau geeignete Holz mit seiner kräftigen Maserstruktur und intensiven Farbe im Vorbau seiner Werkstatt. „Noch zwei Jahre muss das Holz natürlich trocknen, dann wird es verarbeitet. Vielleicht zu einem Bett“, frohlockt Marco Jaeger.

Oder zu einer Küche, einem Schrank, einem Sideboard, einem Tisch, einem Bücherregal … Oder eben zu einer Kindersitzbank zum Lesen. Das war Ende 2013 der erste Auftrag für den frischgebackenen Jungunternehmer. Aber einfach nur eine Sitzbank bauen? Das war und ist nicht der Anspruch des gelernten Möbeltischlers und Architekten für ein individuelles Möbelstück. Also entwarf und baute Marco Jaeger eine Leseecke mit einem stilisierten Baum, Sitzmöbel, Bücherregal und Aufbewahrungsboxen. Das bisher spannendste Projekt war der Bau eines 7,20 Meter hohen geschlossenen Schrankes, bestehend aus 25 ineinander verschachtelten Einzelschränken, in ein vom Untergeschoss bis ins Obergeschoss reichendes Treppenauge eines Einfamilienhauses.

Grundsätzlich wird in der Werkstatt in Schmalkalden, die Marco Jaegers Vater 1988 aufbaute, jedes Möbelstück individuell und nachhaltig gefertigt. Und so zu einem Unikat.

Kunststoffprodukte gibt es schon genug, also werden bei kükomo ausschließlich zertifizierte Hölzer aus Europa und natürliche Öl- bzw. Wachsgemische sowie wasserlösliche Lacke verwendet. „Wir betrachten unsere Arbeit unter einem ganzheitlichen Gesichtspunkt. Neben Materialität und Ästhetik sind auch Haptik und sensorische Eigenschaften für unsere Möbel von großer Bedeutung. Wir sind inspiriert von der Natürlichkeit nachhaltiger Ausgangsmaterialien und ihrer individuellen Eigenschaften und setzen diese bewusst ein“, so der Schmalkalder.

Wenn gewünscht, wird das verwendete Holz von einer Heilpraktikerin auf Unverträglichkeiten beim Kunden untersucht. „Für viele ist das Hokuspokus“, weiß Marco Jaeger. „Ich habe auch keine Ahnung, wie sie das macht, aber es funktioniert!“ Er selbst habe zum Beispiel ein Problem mit Nussbaum. Intensiver beschäftigen kann er sich mit der Materie aber (noch) nicht, denn Arbeit gibt es genug für das mittlerweile fünfköpfige Team. Die Aufträge kommen aus dem Südthüringer Raum, Erfurt, Jena und Leipzig. „Wir möchten uns etablieren, weiter wachsen und vielleicht eines Tages eine Filiale in Erfurt eröffnen“, blickt der 2015 für innovative Gründungen und 2016 mit dem Unternehmerpreis der Stadt Schmalkalden ausgezeichnete Jungunternehmer optimistisch voraus.

Sein Faible für natürliche Möbel aus Holz, „diesem wunderbaren Material, das lebt und sich hervorragend verarbeiten lässt, aber auch widerspenstig und zickig sein kann“, entstand in der väterlichen Werkstatt. Hier hat er als Kind fast täglich reingeschnuppert und nach dem Abitur den Beruf des Möbeltischlers erlernt. Und auch während des Architekturstudiums ab 2001 in Erfurt und seiner anschließenden sechsjährigen Architektentätigkeit war er partiell in die Werkstattprojekte zuhause involviert. „Der Blick auf das Möbel ist immer dagewesen“, erinnert er sich.

Während der Elternzeit 2012 reift schließlich der Gedanke, etwas anderes zu machen. Die Werkstatt des Vaters übernehmen? Warum eigentlich nicht? Marco Jaeger schreibt ein Konzept und einen Businessplan, beginnt die Werkstatt umzubauen. Er will sich zurückbesinnen auf das Möbel. Der Vater hilft bei den ersten Aufträgen mit. Bei der Namensfindung kommt er ins Grübeln.

Dreisilbig soll er sein, markenrechtlich und in den Suchergebnissen im Netz Spielraum offen halten. Herzblut, Familie, Möbel – das muss drinstecken. Denn „ein Unternehmen kann man nicht ohne die Familie gründen“. Als die große Tochter eines Tages aus der Schule kommt, nennt sie ihn plötzlich Küko. Also heißt die Firma seit dem 1. Januar 2014 kükomo.

Um hochwertige Möbel zu produzieren brauchte Marco Jaeger jetzt „nur noch“ eine neue CNC- und eine neue Breitbandschleifmaschine. Im Herbst 2013 stellte er bei der Thüringer Aufbaubank einen Förderantrag im Rahmen des Programms „Thüringen-Invest“. Bewilligt wurden im März 2014 ein 100.000-Euro-Darlehen sowie ein 20.000-Euro-Zuschuss. Mit diesen Maschinen kann Marco Jaeger wesentlich präziser und vor allem effektiver arbeiten.

Die Individualität der kükomo-Möbel aber bleibt. Die 90-jährige Ulme wird es auch noch erleben.

 

www.kuekomo.de

 

Fotos: Mario Hochhaus