Ein Haus. Eine Idee. Eine Zukunft!
2016 wurde die Genossenschaft KulturQuartier Schauspielhaus eG gegründet, um das seit vielen Jahren leer stehende historische Gebäude wieder als einen lebendigen Ort für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft in Erfurt zu etablieren. Inzwischen hat die Genossenschaft über 270 Mitglieder und es wurden bisher Anteile für mehr als 300.000 Euro gezeichnet. Jetzt wurde der nächste Meilenstein erreicht. Am 15. November beschloss der Erfurter Stadtrat den Verkauf des Schauspielhauses an die Genossenschaft, in der auch TOP THÜRINGEN Mitglied ist. Wir sprachen mit Tely Büchner und Karina Halbauer vom Vorstand der Genossenschaft KulturQuartier Schauspielhaus über den aktuellen Stand.
Frau Büchner, Frau Halbauer, was haben Sie gedacht, als Sie erfahren haben, dass der Erfurter Stadtrat dem Verkauf des Schauspielhauses an „Ihre“ Genossenschaft zugestimmt hat?
Tely Büchner: Wir waren einfach nur erleichtert und glücklich. Die Stadtratssitzung war ja nicht öffentlich, weil es um einen Immobilienverkauf ging. Also mussten wir draußen auf Informationen warten. Die kamen dann per SMS.
Karina Halbauer: Das war für uns natürlich eine wichtige und zukunftsweisende Entscheidung, auf die wir seit zwei Jahren hingearbeitet haben. Es ist einfach unglaublich, was wir in dieser Zeit für Unterstützung, vor allem ehrenamtliche, erfahren haben. Vor einem Jahr haben wir die Genossenschaft gegründet, mittlerweile haben unsere Mitglieder für 300.000 Euro Anteile gezeichnet. Das war ein guter Anfang. Jetzt können wir endlich richtig loslegen, weil die Stadt das Projekt bestätigt hat und es auch unterstützt.
„1000 x 1000. Gut investieren – Kultur gewinnen.“ heißt Ihr Slogan. Das heißt, Sie brauchen noch 700.000 Euro.
Tely Büchner: Ja, das erste Drittel ist geschafft. Wir brauchen aber noch 700.00 Euro, um die Immobilie zu kaufen und instandzusetzen. Bei einer Gesamtinvestition von 5 Millionen Euro benötigen wir 20 Prozent Eigenmittel, also 1 Million Euro, um Bankkredite zu bekommen. Das Haus stand vierzehn Jahre leer, dafür ist die Grundsubstanz sehr gut, es müssen aber wesentliche Dinge erneuert werden. Wir wollen die Nutzfläche von derzeit 30 auf 70 Prozent erhöhen, damit wir neuen Nutzungen Raum geben und das Haus rentabel bespielen können.
Karina Halbauer: Jetzt haben wir dank der Stadtratsentscheidung die Chance, diesen magischen Ort wieder mit Leben zu erfüllen. Jeder Interessierte, egal ob Privatperson, Firma oder Gemeinschaft, die sich einen Anteil von 1.000 Euro teilt, kann uns dabei unterstützen.
Wie möchten Sie denn das Schauspielhaus wieder zu dem magischen Ort machen, der er einst für die Erfurter war?
Karina Halbauer: Bei unserer letzten Preview im August spielte der ehemalige Schauspieler Matthias Brenner, heutiger Intendant in Halle, auf der Bühne das Kafka-Stück „Die Verwandlung“. Er war schon bei der Uraufführung vor 30 Jahren am selben Ort dabei. Wenn dann so ein gestandener Schauspieler von seinen Emotionen überwältigt wird und das Publikum stehend applaudiert … dann ist das genau das, was wir wollen!
Tely Büchner: Was das Haus bieten wird, das gibt es in dieser Form nicht noch einmal. Der Besucher kann entscheiden, ob er eine Tanztheateraufführung oder ein Konzert im großen Saal besucht, sich einen Film in einem der Kinosäle ansieht, im Restaurant essen geht, einer Lesung auf der F.R.E.I.fläche beiwohnt oder sich im Kreativturm bei einem Schmuckgestalter, Fotografen oder Architekten umsieht. Dazu wollen wir neue, individuelle Formate initiieren, wie zum Beispiel zeitgenössische Musik oder Performance. Dabei sind wir ein Haus für alle Generationen.
Was sind jetzt ganz konkret die nächsten Schritte?
Tely Büchner: Die Gespräche mit den Banken über die Kreditvergabe und mit der Stadt über die Verkaufsmodalitäten haben begonnen. Wir wollen dann so schnell wie möglich die Bauvoranfrage stellen. Wenn die vorliegt, können die circa 18-monatigen Bauarbeiten beginnen. 2020 wollen wir eröffnen. Bis dahin werden aber auch wieder zahlreiche Veranstaltungen stattfinden, wir sitzen derzeit mit unseren drei Hauptmietern, dem Kinoklub, dem Tanztheater und Radio F.R.E.I., am Veranstaltungsprogramm für 2018.
Frau Büchner, Frau Halbauer, vielen Dank für das Gespräch.
Text: Jens Hirsch
Fotos: Marcel Krummrich