Auf der Suche nach Sinnlichkeit und Unterhaltung

Bei den diesjährigen DomStufen-Festspielen wird ab 9. August eine Musical-Uraufführung mit einem weltberühmten Titel präsentiert: Der Name der Rose.

Wer kennt sie nicht, die von Umberto Eco erzählte Kriminalgeschichte um den Franziskanermönch William von Baskerville, auf der Kino-Leinwand einst gespielt von Sir Sean Connery, dem im 14. Jahrhundert eine heikle kirchenpolitische Mission in eine italienische Abtei führt.

TOP THÜRINGEN sprach mit dem renommierten Dresdner Regisseur Axel Köhler, der die spektakuläre Musical-Fassung inszenieren wird, über jugendlichen Verstand, eine Welt der Phantasie und ein hoffentlich unvergessliches Erlebnis.

Herr Köhler, wissen Sie noch, ob Sie in den 1980er Jahren zuerst Umberto Ecos Bestsellerbuch gelesen oder den nicht minder erfolgreichen Film mit Sean Connery gesehen haben?

Ich habe zuerst den Film gesehen und dann das Buch gelesen. Im August des vergangenen Jahres unterbreitete mir Guy Montavon in Erfurt bei seiner Carmen-Aufführung das Angebot, 2019 das Musical Der Name der Rose zu inszenieren. Wir kennen uns schon sehr lange und hatten vor, einmal gemeinsam die Domstufen in Angriff zu nehmen. Dass es jetzt so schnell ging, damit habe ich nicht gerechnet. Und dann habe ich mir natürlich den Film noch einmal angeschaut.

 

Was ist für Sie das Besondere an diesem Mittelalterkrimi?

Das Genre Krimi hat mich schon immer fasziniert, auch gepaart mit religiösen Stoffen. Ich weiß noch, dass mich der Film sofort gepackt hat. Und dass ich mit meinem jugendlichen Verstand schnell erkannt habe, dass es in Bezug auf die Ausstattung ein Meisterwerk ist. Diese Detailversessenheit war sensationell.

 

Wie wollen Sie daraus ein Musical-Meisterwerk erschaffen?

Das Musical hat etwas, was der Film nicht hat: die Musik. Sie ist ein emotionaler Träger, darauf kann man aufbauen. Ein Film ist ein Kammerspiel, bei dem die Kamera immer sehr nah an den Gesichtern dran ist. Auf den Domstufen ist es genau das Gegenteil: Man muss groß spielen. Es nützen mir keine 60 Mönche, die in ihren Kutten niemand erkennt. Man darf gar nicht erst versuchen, sich in die Ähnlichkeit des Filmes zu begeben. Man muss mit dem Publikum eine stille Verabredung treffen, dass man ästhetisch anders mit dem Thema umgeht. Wenn das Publikum das versteht, ist es auch von der ersten Sekunde an dabei.

Ist es nicht schwer, aus dem intellektuellen Stoff des Buches ein abendfüllendes Unterhaltungsprogramm zu machen?

Die besondere Herausforderung bei dem Stoff, der anscheinend wie hingeschmis sen auf die Domstufen passt, ist, einige spannende Showmomente auf die Bühne zu bringen. Dafür wird sich das Bühnenbild einerseits in die Architektur des Doms einfügen, andererseits aber den Zuschauer in eine sinnliche Welt der Phantasie entführen. Es geht bei uns anders als im Buch um die Suche nach der Sinnlichkeit. Aber auch nach Unterhaltung, ohne dass es gleich flach wird.

 

Können Sie uns schon etwas zur Musik verraten?

Ich habe die Musik am 3. Oktober des vergangenen Jahres zum ersten Mal in einem Berliner Studio gehört. Die beiden Norweger Gisle Kverndokk und Øystein Wiik, die Musik und Text geschrieben haben, spielten und sangen mir das komplette Stück am Piano vor. So etwas habe ich wirklich noch nie erlebt. Ich war sehr beeindruckt!

Natürlich wird musikalisch mit Mitteln der Gregorianik und in der Tradition der Männer-Kirchenchöre gearbeitet, aber übersetzt in eine Musical-Stilistik. Da es aber auch um die Show geht, haben natürlich die schrägen Figuren des Stücks die tragfähigsten Shownummern.

 

Sie inszenieren nicht nur eine Uraufführung, sondern auch Ihre eigene Premiere bei den DomStufen-Festspielen. Aufgeregt?

2017 durfte ich beim größten Operettenfestival der Welt, den Seefestspielen Mörbisch am Neusiedler See, auf einer 3.000 Quadratmeter großen Bühne und vor 6.000 Zuschauern inszenieren. Insofern jagen mir die Domstufen keine Angst ein. Es kommt hier viel mehr darauf an, dieses durch die Stufen schräge Bühnenbild effektvoll mit einzubeziehen. Wir werden sie in ihrer gesamten Länge bespielen und alle Möglichkeiten der Auftrittsorte ausschöpfen. Aber das sind handwerkliche Dinge. Wenn man das Eine kann, muss man auch das Andere beherrschen. Ich freue mich jedenfalls darauf! Wir wollen dem Publikum neben der tollen Musik auch ein visuelles Erlebnis bieten, welches unvergesslich bleiben soll.

 

Sie sind Sänger, Regisseur, Intendant und jetzt auch Rektor der Dresdner Hochschule für Musik. Wie verbinden Sie Handwerk und Intuition?

Ich bin ein sehr intuitiv arbeitender Mensch und habe gar keine Zeit, alles, was ich mache, analytisch zu hinterleuchten. Ich höre vielmehr auf mein Bauchgefühl, ansonsten käme ich zu nichts. Wir hoffen gerade bei einer Uraufführung, dass wir das Publikum von Anfang an mitnehmen können. Dabei kann uns aber nur die künstlerische Inspiration helfen.

 

Herr Köhler, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg.

www.domstufen-festspiele.de

 

Text: Jens Hirsch

Fotos: Mario Hochhaus, Lutz Edelhoff