Der Modewerber

Als selbstständiger Choreograph, Showmanager und Designer arbeitet Ricardo Steffen für namhafte Fashion- und Lifestyle-Unternehmen sowie für Künstler & Kreative in ganz Deutschland.

Beim 9. APOLDA EUROPEAN DESIGN AWARD war der Berliner bereits zum dritten Mal für die Modepräsentation verantwortlich. TOP hat ihn begleitet.

Es ist 20.30 Uhr, die Modenschau in der Stadthalle von Apolda läuft seit wenigen Minuten. Ricardo Steffen sitzt angespannt auf der Empore neben den Technikern. Über Kopfhörer ist der Showmanager verbunden mit Mario Hochhaus, der die 18 Models und fünf Dressmen punktgenau auf den Catwalk rausschickt. Riccardo Steffen achtet darauf, ob die Zeitabstände stimmen, die Haare, die Posen. Was die auf mehr als tausend Shows geschulten Augen sehen, gibt er sofort weiter für den nächsten Walk.

 

Nach gut einer Stunde ist die Show beendet, die Reden sind gehalten, die Sieger des 9. APOLDA EUROPEAN DESIGN AWARD gekürt und die 300 geladenen Gäste verlassen begeistert den Saal. Auch Ricardo Steffen ist zufrieden mit der Show und mit seinen Models. Es gab nichts, über das sich der Perfektionist wirklich geärgert hat. Mal abgesehen davon, dass ein Model es nicht rechtzeitig schaffte, die passenden Schuhe zum Kleid anzuziehen, lief alles perfekt.
Der Sohn deutsch-sambianischer Eltern kennt das Geschäft aus dem Effeff. Schließlich war er selbst Model und arbeitet als Choreograph, Showmanager und Maßschneider. Als Designer entwirft und realisiert er im eigenen Atelier produktunterstützende Kollektionen für Künstler und Kunden aus der Fashion-Branche. Er selber nennt sich am liebsten „Modewerber. Das fasst es am besten zusammen, was ich mache. Ich lasse Frauen und die Kollektionen meiner Kunden gut aussehen“, erklärt der Berliner.

 

Der Berufswunsch Modedesigner entwickelte sich bei Ricardo Steffen von klein auf. Im Kindergarten fängt er an, Kleidungsstücke zu zeichnen und frisiert Puppen. Die „Oma“ im Haus bringt ihm das Nähen bei, weil sie ihm sagt: „Zeichnen alleine macht noch keinen Modedesigner.“ Mit 14 sieht er im TV die Modeschauen aus Paris, Mailand und New York. Dort will er hin. Vom Jugendweihegeld kauft er sich eine alte Nähmaschine und entwirft für sich und andere Schüler Klamotten. Eine Nachbarin fragt ihn nach den neuesten Fashion-Trends. Das war praktisch seine erste Kundin.
Nach der Schule macht er eine Maßschneiderausbildung und bewirbt sich für ein Designstudium. Gleichzeitig nimmt er an einem Modelcasting teil. Das glamouröse Leben auf und neben den Laufstegen reizt ihn. Die Zusage für das Studium bekommt er, den Modeljob auch. Ricardo Steffen entscheidet sich für den „einfacheren Weg“. Fünf Jahre modelt er – tritt im Keller und auf der ganz großen Bühne vor tausenden Zuschauern auf.

 

Die Welt der Mode wird zu seinem Lebensthema. Aber ihm fehlt eine gewisse Struktur. Viele Shows sind mehr oder weniger nur improvisiert. Geklatscht wird aber immer, das hat er schnell gelernt. Aber er findet es beschämend, „auf der Bühne zu stehen und zu wissen, dass alles nur geklappt hat, weil die Models improvisiert haben“. Eine Kundin, für die er modelt, bringt ihn schließlich auf einen Gedanken: „Du meckerst immer so viel, mache doch einfach mal mit bei der Organisation“. Gesagt, getan! Ricardo Steffen kümmert sich fortan um Haare, Styling und sagt den Models, was sie machen sollen. „Das war der Schlüssel zu meiner Kreativität“, erinnert er sich. Er möchte Shows inszenieren, wie er sie aus Paris und New York kennt. „Denn Styling schafft phänomenale Events.“

 

Die Kunden sind zufrieden und buchen ihn immer wieder. Ricardo Steffen will aber mehr. Er absolviert noch eine Kostümschneider- und eine Werbekaufmannausbildung, arbeitet als Modelbooker. Jetzt kennt er das Geschäft von allen Seiten und beginnt seine Arbeit als selbstständiger Choreograph und Showmanager. So ist vor 20 Jahren Eine neue Dienstleistung entstanden, die seine Kreativität „wieder hervorgeholt hat“. Eine Mischung aus seinen Fachkenntnissen als Model, Maßschneider, Designer, Modelbooker, Showmanager und ihn inspirierenden Vorbildern. „Ich mache den Job für den einen Sehenden, der schon mehr gesehen hat als Shows im Autohaus“, beschreibt er seinen Anspruch an seine Arbeit. Er ist ein Überzeugungstäter, der mit Menschen „authentisch arbeiten darf“. Sein Ziel dabei ist es, sich mit seinem Konzept „von der Konkurrenz zu unterscheiden“.

Und das ist ihm nach 2011 und 2014 auch 2017 in Apolda beim 9. APOLDA EUROPEAN DESIGN AWARD wieder eindrucksvoll gelungen. Bereits Anfang des Jahres hat er sich die 32 Wettbewerbs-Kollektionen mit insgesamt 170 Outfits angeschaut. Er legt die Reihenfolge der Kollektionen dramaturgisch fest, berechnet den Ablauf: Wann geht wer, warum, in welchen Klamotten raus? Wie lange dauert das An- und Umziehen? Es müssen Schuhe für die Kollektionen ausgesucht werden, erste Modelcastings finden in Berlin statt. Die Showgestaltung nimmt Formen an, dabei müssen auch die Wünsche der Presse berücksichtigt werden. „Denn die mediale Verwertbarkeit ist das A und O, das strahlt viel länger als der persönliche Eindruck“, weiß der Profi.

 

Apolda strahlt für Ricardo Steffen sowieso länger als die 60 Minuten dauernde Show. „Hier arbeiten Menschen aus den verschiedensten Bereichen zusammen. Sie schaffen durch ihre menschlich integre Arbeit eine herausragende Qualität. Und die zwischenmenschliche Harmonie ist in der Branche eine ganz große Ausnahme. Ich habe nach der Show in leuchtende Augen geschaut.“

2020 wird er das hoffentlich wieder tun. Bei der 10. Auflage des renommierten Awards.

 

TOP Service:

www.ricardosteffen.de

 

Text: Jens Hirsch

Fotos: Mario Hochhaus