„Wir wollen vorangehen“

Die Thüringer Aufbaubank (TAB) wurde 1992 in Erfurt als Anstalt des öffentlichen Rechts gegründet. Als Förderbank des Freistaats Thüringen hat sie seitdem für Unternehmen, Kommunen und private Hausbesitzer zahlreiche Förderprogramme erfolgreich umgesetzt. Und selber hat sich die TAB zu einem modernen und attraktiven Arbeitgeber entwickelt.

Zum 25-jährigen Jubiläum sprach TOP THÜRINGEN mit Vorstandsmitglied Michael Schneider über Engagement, Herausforderungen und ein Geschenk.

Herr Schneider, wie hat es Sie 1991 vom Westerwald in das grüne Herz nach Thüringen verschlagen?

Meine Familie stammt mütterlicherseits aus Thüringen, meine Großeltern haben bis 1986 die Bahnhofskneipe in Bad Berka betrieben. Mit der Wiedervereinigung war für mich klar, dass ich nach Thüringen gehe und auch eine Zeitlang bleiben werde. Ich hätte allerdings nie gedacht, dass es inzwischen 26 Jahre geworden sind.

 

Die TAB, zu deren Vorstand Sie seit dem 15. August 2005 gehören, gibt es auch schon 25 Jahre. Mit welcher   Grundausrichtung ist die Förderbank 1992 angetreten?

Jedes Bundesland hat eine Förderbank in Deutschland, so bekam auch Thüringen 1992 eine. In den 1990er Jahren war das auch schlichtweg notwendig. Kurz nach der Wende gab es nämlich ganz andere Probleme als heute. Die Arbeitslosenquote lag zwischen 15 und 25 Prozent, viele Unternehmen hatten Kurzarbeit. Wir haben versucht, alte wirtschaftliche Strukturen im Maschinenbau, in der Mikroelektronik, in der Porzellan-, der Glas- und in der Textilindustrie am Leben zu halten. Gleichzeitig mussten wir einen neuen Mittelstand aufbauen. Das haben die Unternehmer übrigens im Wesentlichen ganz alleine gemacht. Und natürlich mussten wir auch Industrieansiedlungen nach Thüringen holen. Als positive Beispiele nenne ich hier N3 und das Motorenwerk MDC Power in Kölleda. Das unglaubliche Engagement, der Mut und der Optimismus der Menschen haben dazu beigetragen, dass fernab der Politik, die natürlich wichtige Rahmenbedingungen geschaffen hat, aus einer ruinierten Wirtschaft und Infrastruktur blühende Landschaften geschaffen wurden. Wer das nicht so sieht, der ist ignorant!

 

Wie hat sich die TAB in den 25 Jahren gewandelt?

Die Bank hat sich an verschiedenen Stellen gewandelt. Zu Beginn war die Hauptaufgabe im „trial and error- Verfahren“ zu retten, zu fördern, in Bewegung zu halten und etwas Neues in Bewegung zu setzen. Nach 25 Jahren wissen wir heute, wie es geht. Als ich 2005 in das Haus kam, hatten wir 240 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme von 1 Milliarde Euro. Aktuell haben wir knapp 400 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme von 4 Milliarden. Anfangs waren wir vorwiegend in der Wirtschafts- und Wohnungsbauförderung tätig. Heute sind wir bei nahezu allen Förderthemen ein moderner Dienstleister, der kreativ nach vorne denkt. In den 25 Jahren haben wir bisher 50 Förderprogramme aufgesetzt und 8.300 Förderbescheide über 20 Mrd. Euro ausgestellt, die Investitionen von 45 Mrd. Euro ausgelöst haben. Wir wissen aber auch, dass die EU-Fördergelder Ende 2021 drastisch weniger werden. Und das ist auch gut so, denn das heißt, dass wir auf dem Stand von wirtschaftlich prosperierenden EU-Regionen angekommen sind.

 

Vor welchen Herausforderungen steht die TAB heute?

Das sind im Wesentlichen drei; der demografischer Wandel, der Fachkräftemangel bzw. die Unternehmens-Nachfolgeproblematik und eine Veränderung der Förderlandschaft.

 

Inwieweit hat sich die TAB diesen bereits angepasst?

2008 habe ich gesagt, wir müssen uns dem Fachkräftemangel stellen, indem wir als Unternehmen umschwenken von einem reinen Nachfragemarkt in einen Angebotsmarkt. Was muss ein attraktiver Arbeitgeber in Zukunft leisten? Geld alleine reicht nicht. Die Menschen arbeiten nicht mehr nur, um etwas Freizeit zu haben, sie wollen eine Work-Life-Balance. Dazu gehören eine gute Kantine, Familie und Bildung – deshalb haben wir zusammen mit der Stadt Erfurt und der LEG im Brühl einen modernen Kindergarten eröffnet. Wir pflegen Kooperationen mit Grundschulen, Hochschulen, Universitäten und unterstützen unsere Mitarbeiter bei der Stellensuche für den Lebenspartner. Darüber hinaus bieten wir unseren Mitarbeitern außerhalb der Arbeitszeiten bzw. innerhalb des Gleitzeitmodells verschiedene Sport- und Fitnessangebote. Die Mitarbeiter sollen gesund bleiben und mit Spaß auf die Arbeit kommen. Dann kommt einfach mehr für alle heraus.

 

Wollen Sie der privaten Wirtschaft zeigen, dass ein Landesunternehmen durchaus kreativ und nachhaltig vorangehen kann?

Wir arbeiten als Bank zunächst so, dass wir vernünftige Erträge erwirtschaften. Wir wollen aber auch als Landesunternehmen vorangehen, aber nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Es ist doch eine gute Nachricht, wenn ein Staatsunternehmen kreativ ist. Nichts auf dieser Welt bleibt so, wie es ist. Wenn man Zukunft gestalten will, und das wollen wir, dann muss ich mich permanent mit der Frage beschäftigen, was in fünf, sechs, sieben Jahren vielleicht sein wird. Wir testen gerade die Elektromobilität, wir haben ein Nachhaltigkeitsteam, das sich um unser Öko-Strom-, Papier- und Datenmanagement kümmert. Zudem unterstützen wir mit Sponsoring und Spenden Wirtschafts- bzw. Bildungsprojekte. Und wir sind Mitglied der Thüringer Sporthilfe.

 

Wie sieht die TAB in 25 Jahren aus?

Dann bin ich kurz vor meinem 75. Geburtstag, da wird mich das noch interessieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es einen anderen Vorstand geben. Und ich glaube, dass auch dieses Vorstandsteam nur zwei Möglichkeiten hat, nämlich zu überlegen, was in fünf, sechs Jahren sein wird und nicht in sechs Monaten. Oder sie gehen zurück auf die Position, wir sind nur eine Förderbank und machen das, was wir machen müssen. Dann wird es aber auf Dauer die Förderbank nicht mehr geben. Denn die Märkte und somit die Aufgabenstellungen verändern sich. Mich beschäftigt täglich die Frage, was morgen den Menschen in diesem Land hilft. Das ist für mich extrem spannend. Deshalb war und ist das ein tolles Geschenk für mich, die TAB in den letzten Jahren mitgestalten zu dürfen.

 

Herr Schneider, vielen Dank für das Gespräch.

 

TOP Service:

www.aufbaubank.de

 

Text: Jens Hirsch

Fotos: Mario Hochhaus, Thüringer Aufbaubank