„Letztendlich zählen die Leistung und das Auftreten.“

Am 30. Mai wurde auf dem 11. Unternehmerinnentag Mitteldeutschland in Erfurt zum 9. Mal der Emily Roebling Preis – der Thüringer Unternehmerinnenpreis – verliehen.

TOP THÜRINGEN sprach vorab mit Katrin Katzung, Landesvorsitzende des Verbandes deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU), und Michael Schneider, Vorstand der Thüringer Aufbaubank (TAB), über Frauen in Führungspositionen.

Frau Katzung, wie entstand die Idee zum Thüringer Unternehmerinnenpreis?

Sie entstand vor ziemlich genau neun Jahren. Damit sollte unser Landesverband des VdU in Thüringen mehr ins Rampenlicht gerückt werden, nach dem Motto: Wir machen einen Preis und wollen somit unsere Unternehmerinnen in den Fokus stellen und den Landesverband nach außen besser präsentieren.

 

Wer wird für den Preis nominiert?

Katrin Katzung: Wir animieren per Mail und Zeitungsartikeln interessierte Menschen, Unternehmerinnen und Geschäftsführerinnen vorzuschlagen. Es kann sich aber auch jede Frau selbst bewerben. Von einer Jury werden dann zehn Bewerberinnen vorausgewählt, aus denen nach Bewertungskriterien wie Erfolg, Führungsstil und ehrenamtliches Engagement die Siegerin gekürt wird. In diesem Jahr ist das Jacqueline Schambach, Direktorin des Ahorn Berghotels Friedrichroda.

 

 

Herr Schneider, warum engagiert sich die Thüringer Aufbaubank als Hauptsponsor für den Emily-Roebling-Preis?

Zunächst einmal ist für uns jedes Wirtschaftsthema interessant. Ich fand den Emiliy-Roebling-Preis spannend, als er uns seitens des VdU-Landesverbandes vor neun Jahren vorgeschlagen wurde. Wenn ich ehrlich sein darf, weil ich es ein Stück weit anachronistisch und abstrus finde. Ich habe nie in Kategorien wie Ost und West, Jung und Alt und männlich und weiblich gedacht. Deswegen musste ich mich auch erst richtig reindenken in den Gedanken, ob wir einen Unternehmerinnen-Verband brauchen. Ich mag mich einfach nicht mit der Frage beschäftigen, ob Frauen heute mehr oder weniger Chancen auf eine Führungsposition haben. Es kommt doch auf den Menschen an und nicht auf gesellschaftliche Umstände. Trotzdem fand ich die Idee, erfolgreiche Unternehmerinnen mal solitär in den Fokus zu rücken, ganz interessant. Da werden nämlich interessante Geschichten erzählt. Und das passt zu Thüringen und deshalb sind wir auch von Anfang als Hauptsponsor dabei.

 

Frau Katzung: Brauchen wir im Jahr 2018 noch einen Unternehmerinnen- bzw. Arbeitgeberinnenverband?

Vor 64 Jahren gründete Käte Ahlmann den VdU mit dem Satz: „Mich interessiert es nicht, ob mir ein Mann in der Straßenbahn einen Platz anbietet, er soll mir einen Platz im Aufsichtsrat anbieten.“ Damals hatte der Satz durchaus noch seine Berechtigung. Käte Ahlmann hatte damals die Karlshütte mit 2000 Angestellten von ihrem Mann geerbt. Sie hat sich mit Herr Käte Ahlmann bezeichnet, weil es damals nicht Usus war, das eine Frau so ein großes Unternehmen führt. Sie wollte dann etwas für die wenigen Unternehmerinnen tun und diese zusammenzuführen, damit sich etwas ändert. Heute sind wir natürlich ein kleines Stück weiter. Wir sind aber noch nicht soweit, dass Frauen sich immer trauen alles zu tun, was sie möchten. Deshalb haben wir auch den Preis ins Leben gerufen. Er soll Vorbild sein für Frauen, die sich das bisher nicht gewagt haben.

 

Wie halten Sie es denn mit der von der Politik vorgegebenen Frauenquote von 30 Prozent in deutschen Aufsichtsräten?

Katrin Katzung: Eine Unternehmerin braucht keine Frauenquote, im Aufsichtsrat brauchen wir sie auch nicht. Aber sie kann ein Signal sein, um wachzurütteln. Letztendlich zählen aber die Leistung und das Auftreten. Ich scheue mich auch immer davor zu sagen, die Männer sind schuld, dass es so wenige Frauen in den Vorständen gibt. Wir bereiten im VdU Frauen auf Positionen in Aufsichtsräten vor, geben Seminare, damit sie sich auch trauen. Im VdU in Berlin gibt es eine Liste mit geeigneten Frauen für Unternehmen, die aufgrund der Quote eine Frau für den Aufsichtsrat benötigen. Die Unternehmen können sich gern an uns wenden.

Michael Schneider: Das wusste ich nicht.

 

Dann sollten Sie da mal anrufen. Der Vorstand der TAB besteht ja, soweit ich weiß, aus zwei Männern.

Das stimmt.

Warum ist denn keine Frau im TAB-Vorstand?

Michael Schneider: Die Frage ist verkürzt formuliert. In der TAB haben wir einen Frauenanteil von 70 Prozent, 55 Prozent der Abteilungsleiter sind weiblich, 40 Prozent der Bereichsleiter. Und nur im Vorstand ist es so, das ist bei zwei Vorstandspositionen aber auch nicht ganz ausgeschlossen, dass wir keine Frau haben. Das ist aber nicht in Stein gemeißelt. Mich interessiert ausschließlich, wer für den Job der bzw. die Beste ist. Deshalb halte ich auch vieles für Folklore in der Debatte, weil immer wieder über gewisse politische Themen diskutiert wird, ohne die Lebensrealitäten zu betrachten.

 

Sie meinen, für manche Berufe sind Frauen nun mal geeigneter?

Michael Schneider: Es gibt nun einmal gewisse Aufgaben, bei denen ich ein Angebotsüberschuss an Frauen oder Männern habe. Und wenn es einen Frauenförderplan gibt, brächten wir doch auch einen Männerförderplan, weil bei uns Männer unterrepräsentiert sind. Und ist es nicht auch männerdiskriminierend, das jede Frau in jedem Wirtschaftsverband Deutschlands Mitglied werden kann, ein Mann im VdU aber nicht. Wenn wir uns nur mit solchen Mainstream- und Genderthemen befassen würden, könnten wir unsere Arbeit nicht mehr machen. Quoten sind immer ein Krampf. Und dass man beim VdU anrufen und nach einer Frau für den Aufsichtsrat fragen kann, das ist schon ein bisschen paradox.

 

Aber warum fehlen dann die Frauen in den Vorstandsetagen?

Katrin Katzung: Wir versuchen, die Mädchen schon im frühen Alter für Fächer und Berufswege zu begeistern, damit sie später auch in die Führungsetagen gelangen können. Man muss das Berufsbild eines Technikers, Mathematikers und Wissenschaftlers für Frauen attraktiver machen.

Michael Schneider: Wir überfrachten das Thema, ich merke das auch bei den Jüngeren. Der Mann möchte wie die Frau auch Karriere machen, dazu möchten sie zwei Kinder, um die sie sich intensiv kümmern möchten, und wohnen möchten sie in einem Dreiseitenhof mit Innenstadtanbindung. Das will alles geplant und organisiert werden.

 

Die TAB hat zum Beispiel einen eigenen Kindergarten.

Michael Schneider: Ja, und wir bieten auch ein Gleitzeitmodell und wo es möglich ist, reduzierte Home-Office-Stellen an. Alles ist aber nun einmal nicht möglich, das Privatleben kann nicht an erster Stellen stehen und der Job fügt sich dem harmonisch an. Katrin Katzung: Wenn Mädchen so wie Mädchen erzogen werden, dann werden sie auch Mädchen bleiben. Aber man kann andererseits die Mädchen auch nicht in eine bestimmte Richtung treiben, wenn es das gar nicht möchte. Bei Jungs bringt das übrigens auch nichts. Man kann dafür keine Regel aufstellen oder ein Gesetz erlassen.

Michael Schneider: Wir merken schon, wenn ich meine eigene Personalabteilung zitiere, Frauen muss man gelegentlich etwas mehr schubsen, um sich für gewisse Positionen zu bewerben. Da sind Frauen zu zögerlich, Männer wiederum neigen dagegen oft zur eigenen Überschätzung.

 

Haben sich denn in den letzten Jahren mehr Frauen für den Emily-Roebling-Preis beworben?

Katrin Katzung: Nein, es gibt immer noch vorgeschlagene Frauen, die sich dann nicht trauen, sich zu bewerben. Die denken immer noch: So gut bin ich doch nicht, was soll ich denn über mich schreiben? Wir wollen ja die Frauen animieren, über sich nachzudenken und sich selbst einzuschätzen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass mir meine damalige Bewerbung für mein Selbstbild enorm geholfen hat.

 

Frau Katzung, Herr Schneider, vielen Dank für das Gespräch.

TOP Service:

Emily Warren Roebling (1843–1903) führte nach der Erkrankung ihres Ehemannes als Bauleiterin die Errichtung der Brooklyn Bridge in New York City weiter. Ihr Schwiegervater stammte aus Mühlhausen.

www.vdu.de

www.utmitteldeutschland.de

www.aufbaubank.de

 

Text: Jens Hirsch

Fotos: Mario Hochhaus