Pure Erfüllung

Am 3. Dezember veröffentlichte Yvonne Catterfeld ihr achtes Studioalbum. „Change“ ist ein ganz besonderer Tonträger, und das nicht nur, weil er souliger und grooviger daherkommt. Das Album ist auch das erste, welches die gebürtige Erfurterin auf Englisch geschrieben und eingesungen hat. Ein Gespräch über Widerstände, Instinkte und eine ganz besondere Zoom-Session.

Frau Catterfeld, nach sieben erfolgreichen deutschsprachigen Alben folgt jetzt das erste auf Englisch. Warum?

Ich fühlte mich schon immer irgendwie doppelt (lacht). Von klein auf habe ich auf Englisch gesungen, später meine Texte zuerst auf Englisch geschrieben und dann beim Übersetzen ins

Deutsche oft gemerkt, wie limitiert ich als Sängerin, aber auch als Songwriterin bin. Musikalisch und inhaltlich konnte ich mich immer schon besser auf Englisch ausdrücken. Irgendwann war ich regelrecht blockiert, Songs auf Deutsch zu schreiben. Ich hatte inzwischen so viele Gedanken und englische Texte für Songs gesammelt, die wollte ich nicht einfach in die Tonne werfen.

 

Das Album heißt Change – Veränderung. Dafür muss man seine Komfortzone verlassen. Ist Ihnen das schwer gefallen?

Niemand mag Veränderungen. Ich auch nicht. Aber manchmal müssen sie einfach sein. Für mich war es ein Bedürfnis und eine Notwendigkeit, die ich schon seit gut zwanzig Jahren in

mir trage. Es gab viel Widerstand, keiner wollte, dass ich auf Englisch singe. Ich wollte das aber unbedingt endlich machen und da ich Boss meines eigenen Labels bin (lacht), brauchte ich nur meinen Manager zu überzeugen. Wenn man eine Vision hat, dann folgen einem die Leute auch. Das musste ich erst verinnerlichen. Die Arbeit im Studio ist für mich die pure Erfüllung, ich denke nicht darüber nach, ob und wie erfolgreich das alles wird.

 

Auch der Sound hat sich verändert: Es gibt viel R’n’B, Soul und eindrucksvolle Gospel-Chöre zu hören. Ist das auch eine Hommage an Ihre Vorbilder Alicia Keys und Lauryn Hill?

Natürlich inspirieren mich andere Künstler. Aber ich wollte von mir ausgehen und das machen, was mich antreibt. Mit Chören zu arbeiten, das war zum Beispiel schon immer ein Traum von mir. Viele haben gesagt, die Songs sind zu amerikanisch für den deutschen Markt. Klar, man kann sich anpassen, ich habe aber auf meine Instinkte vertraut. Man muss auch mal Nein sagen, um zu sich Ja zu sagen.

 

Sie haben an jedem Song mitgeschrieben, „Change“ und „Cold Water“ stammen gänzlich aus Ihrer Feder. Was ist anders, wenn man Songs selber schreibt? Ist man authentischer, kritischer?

Ich bin eher als Interpretin bekannt geworden, auch wenn ich schon mit 16 angefangen habe, eigene Songs zu schreiben. Der Weg zu einer Songwriterin ist lang, weil man sich immer wieder beweisen muss. Aber genau deshalb war es mir so wichtig, jetzt selbst und zusammen mit dem Team Truva eigene Ideen umzusetzen. Alle Songs auf dem Album sind authentisch. Für mich sind aber „Cold Water“ und „Change“ die wichtigsten. Sie liegen mir besonders am Herzen, weil sie davon handeln, an sich selbst zu glauben, ins kalte Wasser zu springen und sich nicht verunsichern zu lassen.

Beide Songs produzierte die Pianistin und Songwriterin Hannah V, die bereits mit Rihanna, Jessie J und Jason Derulo zusammengearbeitet hat. Wie war die Zusammenarbeit, waren Sie aufgeregt?

Klar war ich aufgeregt. Das Album war eigentlich schon fertig, aber ich wollte die beiden Songs nach langem Ringen mit mir selbst unbedingt noch mit draufhaben. „Cold Water“ habe ich zuhause aufgenommen, das klang ziemlich schepperisch. Ich musste mich richtig überwinden, Hannah meine Demos vorzuspielen, aber sie hat mich sofort ermutigt, genau diese Ideen weiter zu verfolgen. Das hat mir Kraft gegeben. Bei einer Zoom-Session, ich in Berlin, sie in London im Studio, hat sie auf die fertige Produktion die Backroundsänger aufgenommen. Dabei hatte ich Tränen in den Augen, weil ich den Song alleine am Klavier geschrieben hatte, mit einer Vision, und jetzt hörte sich das genauso an und wurde noch getoppt.

 

Die anderen Songs handeln von Geduld („Patience“) und Loslassen („Let You Go“), dem Festhalten an alten Erinnerungen („Summer Rain“), aber auch vom Aufbruch und dem Umarmen von etwas Neuem („Wake Up“). Während viele Menschen Angst vor Veränderungen und aktuell vor Corona haben, soll dieses Album ermutigen, neue Schritte zu wagen?

Tatsächlich. Corona hat auch etwas mit mir gemacht, mit jedem ist etwas passiert. Deshalb spiegelt sich auch auf dem Cover Change in Chance. Jeder hat die Chance, in seinem Alltag und seiner Routine etwas zu ändern. Wenn wir nur etwas ehrlicher sind, etwas mehr zuhören, aufeinander zugehen. Das bewirkt so viel. Oft stecken wir in der Vergangenheit fest, weil wir uns da sicher fühlen. Das Album reflektiert, soll aber vor allem auch ermutigen, etwas zu ändern, etwas Neues zu wagen. „Wake up“ ist zum Beispiel ein Song für alle, die sich in ihr Schneckenhaus zurückgezogen, sich verloren haben. Ich glaube, dass das Album deshalb zur richtigen Zeit kommt – gerade und erst recht nach diesen letzten zwei harten Jahren, die uns allen so zugesetzt haben.

 

Wann können Ihre Fans die neuen Songs live erleben?

Wir haben die Songs zum ersten Mal für eine „Deluxe Music Session“ gespielt. Drei Gospelsänger, ein Gitarrist, der zudem die Drum-Parts macht, und ich auch mal am Klavier. Das war sooo schön. Die Songs funktionieren akustisch sehr gut. Deshalb habe ich Lust, sie in kleinen Clubs zu spielen, natürlich gern auch in Erfurt und Weimar. Mal sehen, was daraus wird.

 

Apropos Thüringen: Sie leben in Berlin, wie oft kommen Sie zu Besuch in die Heimat?

Alle zwei Monate besuche ich meine Eltern in Erfurt, dann gehe ich auch immer über die Krämerbrücke, meinem Lieblingsort.

 

Im Dezember sind Sie wieder zwei Mal als Ermittlerin Viola Delbrück im ARD-Krimi „Wolfsland“ zu sehen. Können Sie uns bitte schon etwas verraten?

Das Schöne an der Serie ist, es passiert immer etwas Neues. Dieses Mal hat Viola es mit zwei echt krassen und tragischen Fällen zu tun, das ging mir ganz schön an die Nieren. Viola geht auch zu einer Psychologin und redet erstmals über ihre Probleme und man erahnt, was sich da noch für Abgründe auftun könnten. Vor ihrem Kollegen „Butsch“ versucht sie diese natürlich zu verbergen – auch, wie sehr sie ihn braucht. Das macht es konfliktreich und spannend. Ich mag diese zwei Folgen. Lassen Sie sich überraschen!

 

Frau Catterfeld, vielen Dank für das Gespräch.

 

www.instagram.com/yvonne_catterfeld_offiziell

 

Text: Jens Hirsch

Fotos: Adam von Mack